Fünf Fragen an… Gisela Enders

Gisela Enders Vorsitzende des Vereins Dicke e.V.

miss BARTOZ:
Hallo Gisela, ihr sagt, der Verein tritt für die gesellschaftliche Akzeptanz von übergewichtigen Menschen ein. Wie sieht das konkret aus?

Gisela Enders, Dicke e.V.
Wir arbeiten mit zwei Blickwinkeln. Dem auf die einzelne Person und dem in die gesellschaftliche Realität.
Zum einen wollen wir dicken Menschen Mut machen.

Mut, sich selbst mit ausreichendem Selbstrespekt zu behandeln und dies auch von anderen Menschen im Umgang einzufordern. Diesem Selbstrespekt steht oft die Mär entgegen, man würde es als einzige Person nicht schaffen, abzunehmen. Entsprechend sei man es nicht wert, vollwertig an diesem Leben teilhaben zu dürfen.

Beides ist Quatsch und trotzdem begegnet uns dies so oft. Mit dem daraus resultierenden Scham- und Schuldgefühl ist ein selbstbewusstes und glückliches Leben kaum möglich. Und ganz nebenbei – wenn etwas am Dicksein ungesund ist – dann ist es diese Selbstablehnung. In diesem Sinne ermutigen wir dicke Menschen, sich so zu akzeptieren, wie sie sind.

Voruteile sind die eigentliche Ursache für das Dicksein

Unser zweiter Blickwinkel richtet sich hin in die Gesellschaft. Hin zu den vielen Vorurteilen und Stereotypen, die es zum Thema Übergewicht und dicke Menschen gibt. Hier betreiben wir Aufklärungsarbeit. Beispielsweise zum Thema Diäten, deren geringe Erfolgsquote und deren gesundheitliche Risiken. Aber auch über Vorurteile, die gerne dicke Menschen alle über einen Kamm scheren. Mit dem Bild, wir würden alle immer nur auf der Couch sitzen, Chips essen und fernsehen. Stimmt alles nicht. Mit dieser Haltung und vielen Fakten versuchen wir möglichst viel in den Medien präsent zu sein.

miss BARTOZ:
Ich habe die Erfahrung gemacht, dass curvy Frauen sich nicht für meine Website ablichten lassen wollen, weil sie nicht mit Übergrößen in Verbindung gebracht werden wollen. Wie ist eure Erfahrung mit dicken Menschen, in Bezug auf euren Verein? Finden das alle toll oder erlebt ihr auch Skepsis in der eigenen, ich nenne es mal Zielgruppe?

Gisela Enders, Dicke e.V.
Da gibt es solche und solche. Und wir bekommen meist natürlich nur die eine Seite mit – nämlich die Menschen, die zu uns finden. Die sich auf unserer Webseite informieren, mit uns bei Facebook diskutieren oder auch unsere Seminare und Gruppen besuchen. Wobei ich dir Recht gebe, dass der Zuspruch im relativ anonymen Internet deutlich höher ist, als im wirklichen Leben.

Akzeptanz wäre die beste Prävention

miss BARTOZ:
Thema: Gesundheitsrisiko Übergewicht: wie geht ihr mit dem Vorwurf um, eure Vereinsmitglieder würden das Gesundheitssystem belasten?

Gisela Enders, Dicke e.V. Tun Rollstuhlfahrer auch. Trotzdem erwartet niemand von diesen, dass sie riskante Behandlungsmethoden anwenden, die eine 5% Erfolgsquote auf lange Sicht haben. Und genau das sind Diäten. Sie funktionieren zu 95% nicht bei einem langfristigen Vergleich von 5 Jahren, im Gegenteil sie verursachen über den Jojo-Effekt eher das Gegenteil. Und damit einhergehend verschlechtert sich meist auch der psychische und oft auch physische Gesundheitszustand. Viel besser für unser Gesundheitssystem wäre eine Beratung, die von Akzeptanz und dem Ansatz ausgeht, niemanden verändern zu wollen, sondern zu einem glücklichen und gesunden Leben zu ermuntern.

miss BARTOZ:
Es gibt zurzeit einen Trend, weg von der Uniformität, hin zu mehr Individualität, der auch beinhaltet, dass Plus Size Models und Mode mehr in den Focus der Öffentlichkeit geraten. Ist das eine temporäre Entwicklung?

Gisela Enders, Dicke e.V.
Ich kann das schwer einschätzen. Ich denke, dass Plus Size Models immer mehr gebraucht werden, weil immer mehr Mode für große Größen angeboten wird. Auch – und das ist toll – in einer größeren Vielfalt. Und die will schließlich auch präsentiert werden. Toll wäre es, wenn sich Models, die etwas mehr auf der Hüfte haben durchsetzten und wir endlich tatsächlich zu mehr Normalität finden würden.

miss BARTOZ:
Wer engagiert sich eigentlich mehr, die Männer oder die Frauen?

Gisela Enders, Dicke e.V.
Mehr die Frauen. Ich denke, Körperthemen haben für Frauen weiterhin eine größere Bedeutung und dies schlägt sich auch bei uns nieder.

miss BARTOZ: Vielen Dank für dieses aufschlussreiche Gespräch und viel Erfolg für euren Verein.

Weiterführende Informationen findet ihr auf der Website des Vereins:

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Über Ulrike Bartos 321 Artikel
Gründerin von miss BARTOZ einer der ersten deutschsprachigen Websites für Frauen mit Übergrößen, since 2010 :-) Mehr als 15 Jahre Erfahrung in den digitalen Medien, consultant für digitale Kommunikation und PR.

1 Kommentar

  1. Mich würde interessieren, ob nicht die eigene Liebe zum Dicksein, doch auch den Wunsch beinhaltet,
    Typ gemäß schlanker zu sein?
    Es gibt eine Möglichkeit mit einer personifizierten Gesundheitsform Gewicht zu verlieren und sich wohlzufühlen.
    Vor allem gibt es hierbei keinen Jojo Effekt, da diese Form genau auf den jeweiligen individuellen Menschen
    abgestimmt wird und ein Leben lang zur Verfügung steht. Es kann einfach keine Diät geben, die für alle gilt!
    Liebe Grüße
    Marion Möller

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